Hallo, ich hoffe es ist okay dass ich die community als emotionales Ventil benutze aber ich habe sonst leider niemanden und mir geht es aktuell echt bescheiden, und Ich weiß auch allgemein nicht weiter.

Ich umreiße mal meine Lebenssituation: ich bin Mitte 30, männlich, seit gut 20 Jahren mal mehr mal weniger depressiv, und seit Ende der Schulzeiten im Grunde ein NEET. Meine offizielle Diagnose habe ich erst letztes Jahr bekommen, und bisher auch noch keine Medikation gefunden welche für mich funktioniert, weder für die Depressionen noch das ADHS.

In der Schule wurde ich immer als hochbegabt gehandelt, was ich aber nie in konstante Leistungen umsetzen konnte, nur in bereichen welche mich “intellektuell” interessierten. Ich hatte auch soziale Schwierigkeiten einsetzend mit der Pubertät, welche mich schon damals mehrere Jahre gekostet haben da ich eine Sozialphobie und Schulangst entwickelt hatte, und Ich quasi mehrere Jahre nicht am Unterricht teilnehmen konnte. Mit Anfang 20 habe ich mich dann kurz gefangen und mein (fach-)Abitur machen können, und danach ein Studium begonnen.

Ungefähr zu diesem Zeitpunkt ging es dann wieder bergab, als routinierter Sonderling hatte ich nur wenige Freunde und soziale Kontakte, welche ich nach Ende der Schulzeit und nach Trennung von meiner damaligen (und letzten) Partnerin großteils verlor. Ich brach auch mein erstes Studium ab und zog in eine andere Stadt zum studieren, ich wollte einen Neuanfang. Obwohl ich hier ursprünglich sehr glücklich war und einige gute Freunde fand, waren die unterliegenden Probleme dieselben und ich konnte aus sozialen Ängsten mein Studium nicht wahrnehmen geschweige denn abschließen.

So zogen die Jahre ins Land, mein soziales Umfeld hat sein Studium abgeschlossen und ist weitergezogen, und meine Depressionen haben mich (besonders seit corona) immer mehr Zeit allein verbringen lassen, die Einsamkeit und Traurigkeit betäubt mit gras und konstantem Medienkonsum.

Jetzt finde ich mich mutterseelenallein in einer Stadt in der ich vielleicht fünf Menschen so gut kenne dass ich sie auf der Strasse grüßen könnte, und mir nur ein einziger Freund bleibt, der einzige hier welcher die depressiven Episoden verstehen und ertragen kann, aber auch der zieht jetzt Ende des Monats um.

Meine Familie (das heißt, meine Mutter) ist im Grunde der einzige Grund warum ich sowohl materiell als auch emotional noch nicht komplett am Ende bin, sie hat mich all die Jahre sozusagen am Leben gehalten durch ihre bedingungslose, unverbrüchliche Mutterliebe und Bereitschaft auszuhelfen wenn mal wieder gar nichts funktioniert bei mir. Seit einem Unfall welchen ich vor gut 2 Jahren hatte besucht sie mich auch 2-3 mal im Monat, das ist im Grunde mein einziger sozialer Kontakt zu einem Menschen mit dem ich emotional ehrlich sein kann.

Kommen wir zum jetzt und heute:

Ich fühle mich so unglaublich einsam und hilf- bzw. machtlos in so gut wie allen belangen meines Lebens dass ich nachts buchstäblich nicht mehr schlafen kann, weil dann Panikattacken und heulkrämpfe hochkochen. Ich schlafe seit bestimmt einem Jahr zwei mal pro Tag für jeweils 4-5 Stunden, eigentlich niemals nachts einfach weil es nicht geht…

  • Ich habe keine berufliche Perspektive da ich seit effektiv 10+ Jahren ein Loch im Lebenslauf habe und keine Erfahrung oder Qualifikation abseits des durchwachsenen Schulabschlusses, durch ein chronisches Rückenleiden kann ich auch die typischen körperlichen Arbeiten welche das Arbeitsamt gewöhnlich vermittelt nicht ausüben. Ich lebe von Sozialhilfe und einer Art Almosen meiner Mutter, welche mich dann und wann ein wenig Papierkram für ihren kleinen Betrieb machen lässt. Geld habe Ich also keins, und die Aussichten dass sich das irgendwann mal ändert sind offensichtlich schlecht.

  • ich bin auch zutiefst einsam und habe seit meiner letzten Beziehung vor etwa 12 Jahren keinerlei körperliche Nähe mehr erlebt, aber gleichzeitig das Gefühl dass ich meinen derzeitigen katastrophalen inneren zustand niemals irgendeiner Partnerin zumuten könnte, die tatsache dass sich keine geistig zurechnungsfähige Frau freiwillig ein solches disaster auflasten würde mal außen vor.

  • Ich habe durch meine lange isolation auch das Gefühl dass ich den Anschluss an die Gesellschaft verloren habe, ich wüsste nicht mal mehr wie oder wo man heutzutage soziale Kontakte knüpft geschweige denn echte Freunde finden könnte.

  • Rückblickend auf mein Leben bin ich mir ziemlich sicher dass ich im Kern eine tiefe, intensive Bindungs- und Verlustangst habe welche es mir zugleich extrem schwer macht Bezugspersonen zu entwickeln, als auch irgendeine dieser wenigen Bezugspersonen zu verlieren, ein Psychiater würde wahrscheinlich auf den Weggang meines Vaters im Kleinkindalter und/oder das mobbing in der Schule als Ursache schließen. Schon als Kind hatte ich oft Albträume über den Weggang oder Tod meiner Bezugspersonen, im besonderen meiner Mutter, welche sich bis heute halten und immer mal wieder in mir hochkochen. Die Tatsache dass sie bis heute eine so zentrale Rolle in meinem emotionalen Innenleben spielt trägt sicher auch dazu bei.

  • die Welt krankt am Kapitalismus und alles wird immer nur schlimmer und schlimmer und zusätzlich zu meinen obigen persönlichen Problemen empfinde ich auch tiefe Hoffnungslosigkeit angesichts der Weltlage und -entwicklung, auch für meine eigene Zukunft. Nicht nur stirbt der planet, ich bin durch meine Situation auch persönlich Leidtragender des politischen rechtsrucks.

Zugespitzt und zusammengefasst: Ich bin zutiefst allein und perspektivlos in allen Belangen. Ich habe lähmende Angst vor der Zukunft und dem Verlust der letzten paar Menschen in meinem leben, und wünsche mir so sehr jemanden zum reden und dass jemand mich versteht dass ich einen Sermon der Verzweiflung im Internet poste, weil ich sonst nicht weiß wohin.

Danke fürs lesen

  • feldwespe@feddit.org
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    2 days ago

    Deine Verzweiflung ist sicher für einige sehr nachvollziehbar und verständlich. Der Umgang mit Deinem Text allerdings fällt nicht leicht. Deine Situation sprengt vielleicht den Rahmen hier. Ich mag dennoch ein paar Gedanken für Dich da lassen.

    Ich würde Dir zuvorderst eine gute medizinische Unterstützung wünschen, wenn ich nicht wüsste, wie unterirdisch die Versorgungslage in Fällen wie Deinem oft ist. Wenn Du allerdings nicht bereits alles versucht hast, wäre es schon sinnvoll, den Medizinern eine Chance zu geben. Depression ist der reine Psychostress, und wenn es wirksame Mittel und Maßnahmen dagegen gibt, ist es doch wohl einen Versuch wert.

    Was Deine beruflichen Perspektiven angeht - da gibt es eine Option, mal eine Weile ohne den üblichen Druck zu agieren, und etwas Neues zu wagen: Schau mal, ob Du beim Bundesfreiwilligendienst eine Stelle in Deiner Nähe findest, die Dir zusagt. Da es sich um Aufgaben jenseits der Profitorientierung handelt, fühlt es sich - zumindest für mich - sehr viel einstiegsfreundlicher an, als andere Optionen.

    Darüberhinaus wäre dies gemeinwohldienliches Tun als Gegenentwurf zu der von Dir beschriebenen (und von mir durchaus ebenso gesehenen) düsteren Weltlage. Nach so einem Bufdi-(Halb-) Jahr hast Du in jedem Falle eine andere Ausgangslage als jetzt.

    Den Anschluss an die Gesellschaft hast Du de facto nicht verloren, sonst wärst Du nicht hier. Intensiveren persönlichen Austausch findest Du aber wohl eher in einem Forum, einer lokalen oder virtuellen Selbsthilfegruppe.

    Wie auch immer - ich wünsche Dir, dass Dein Leben wieder heller und leichter wird!